Positiver Populismus in einer Zeit großer Transformationen - Haushaltsrede 2025

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Hornikel,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Englert,
sehr geehrte Damen und Herren,
 
wir bringen unseren ersten Doppelhaushalt in bewegten Zeiten ein. Vorab möchte ich einen herzlichen Dank an Herrn Englert, Herrn Wenzelburger und das gesamte Team der Kämmerei richten. Wir können uns nur im Ansatz vorstellen, wie viele interne Konsolidierungsrunden ihr bereits gedreht habt. Und trotzdem schreiben wir planerisch durchweg rote Zahlen. Wir gehen diesen geplanten Weg als SPD-Fraktion mit und unterstützen die Arbeit der Verwaltung mit positivem Populismus.
 
Zitat:
"Was ist los mit unserem Land? Im Klartext: Der Verlust wirtschaftlicher Dynamik, die Erstarrung der Gesellschaft, eine unglaubliche mentale Depression – das sind die Stichworte der Krise."
 
Klingt wie eine brandneue Rede aus Berlin? Nein, das ist kein aktuelles Zitat, sondern ein Ausschnitt aus der sogenannten Ruck-Rede des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog von 1997 vor 28 Jahren.
 
Eine repräsentative Befragung der Universität Bonn aus 2023 zeigt, dass 84 Prozent der Deutschen überzeugt sind, dass es der jungen Generation in Zukunft schlechter gehen wird. Viele dieser Sorgen sind gut begründet. Veränderungen bringen Unsicherheit, die Transformationen in vielen Bereichen beschleunigen sich gewaltig. Verliere ich meinen Arbeitsplatz wegen des technologischen Fortschrittes? Bekomme ich noch eine Rente, wenn die Bevölkerung immer älter wird? Und wer pflegt eigentlich mal meine Generation?
 
Dabei hat Deutschland heute Rekordbeschäftigung, eine niedrige Arbeitslosenquote, deutlich gestiegene Realeinkommen in fast allen Bevölkerungsgruppen und viele wettbewerbsfähige und innovative mittelständische Unternehmen.
Und ja, wir haben auch viele Herausforderungen in der Realität, insbesondere im Bundesland des Automobils.
Die Realität ist aber auch, dass wirtschaftliche Transformation bedeutet, dass manche Unternehmen aus dem Markt verschwinden oder stark schrumpfen werden, etwa Zulieferer in der Automobilbranche.
 
Die Sorgen und Ängste öffnen jedoch den Populisten Tür und Tor, die den Menschen versprechen, wir bräuchten uns ja gar nicht zu ändern, sondern könnten so weitermachen wie bisher. Der Klimawandel sei ja gar nicht von Menschen gemacht und nicht so dramatisch. Wir sollten mal besser auf Technologieoffenheit setzen und so lange wie möglich am Verbrennermotor festhalten. Mit Atomenergie, russischem Gas und Öl seien wir besser dran und hätten günstigere Stromkosten als durch den Ausbau erneuerbarer Energien. Wir bräuchten keine Zuwanderung und auch die europäische Gemeinschaft nicht.
Dies aber wäre grundfalsch und gefährlich, weil es Deutschland genau in die Krise treibt, die es zu verhindern gilt. Die Opfer dieses Populismus und der rückwärtsgewandten Politik sind die künftigen Generationen. Hätten wir bei den Schorndorfer Stadtwerken den Ausbau erneuerbarer Energien nicht verschlafen, wären wir heute in einer ganz anderen Situation.
 
Deshalb ist es aus meiner Sicht auch keine gute Idee, gebetsmühlenartig zu erzählen, wie eng die Handlungsspielräume in Schorndorf sind, wie schlecht es uns geht und was alles nicht gut läuft. Und damit möchte ich nicht zum Ausdruck bringen, dass wir die Herausforderungen ignorieren sollten. Ich möchte damit sagen, dass wir dringend einen positiven Populismus benötigen, der den Blick auf die vielen, vielen positiven Seiten unserer Stadt, unserer Gegenwart und unserer Zukunft lenkt. Wir vor Ort müssen die Themen lösen und dazu sollten wir den technologischen Fortschritt nutzen. Dazu müssen wir Stuttgart und Berlin deutlich sagen, welche Unterstützung wir dafür benötigen. Wie es auch die Verwaltungsspitze erfolgreich bei den Folgen des Starkregenereignisses kommuniziert hat.

„Fokuskonzept Mobilität“

... ist der Titel für ein  Mobilitätskonzept für Schorndorf, mit dem für alle Verkehrsteilnehmer, zu Fußgehende, Fahrradfahrende, Autofahrende und der ÖPNV, die best mögliche Aufteilung des öffentlichen Raums der Zukunft überlegt und geplant werden soll. Letzte Woche wurden die Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von 1120 Bürgerinnen und Bürgern vorgestellt, welche die Grundlage für das zu erstellende Verkehrskonzept ist. Zusätzlich wurde noch das Ergebnis einer offenen online Befragung mit 1284 Teilnehmenden berücksichtigt. Ein großer Teil der Menschen nutzt fast täglich den PKW, ähnlich viele gaben an, die Wege in der Stadt zu Fuß zurückzulegen. Mehr als die Hälfte nutzt das Fahrrad und nur knapp ein Viertel den Bus. Das Nutzungsverhalten zeigt auch, es ist noch viel Luft beim Radverkehr, wie auch beim ÖPNV. Bei verbesserter Taktzeit, speziell auch in den Randzeiten, und optimierter Preisstruktur für Einzelfahrten wären mehr Menschen bereit, die Busse häufiger zu nutzen. Bei einer besseren Radinfrastruktur würden mehr Menschen mit dem Fahrrad fahren. In Schorndorf sind ca. 14% mehr PKWs angemeldet als im Durchschnitt vergleichbarer Städte. Dies macht sich natürlich auch auf unseren Straßen bemerkbar. Immer wieder ist Geduld bei denen gefragt, die mit dem PKW durch Schorndorf fahren wollen, da sich zu bestimmten Tageszeiten einfach immer Staus bilden. Obwohl Schorndorf ausreichend Parkplätze hat, sind 46% der Teilnehmenden nicht zufrieden.

Für unsere demokratischen Talente

Am vergangenen Samstag waren Vertreter*innen der Parteien nochmals vor Ort und warben um die Stimmen der Bürgerinnen und Bürger. Ein älterer Mann - nicht grad’ der Typ linksversifft oder von der Sorte „keine Tassen im Schrank“ (F. Merz bei einer Wahlkampfveranstaltung) - eher so ein ganz normaler Mensch, der hinsieht und hinhört. Der sagte ganz leise im Vorbeigehen: „Wissen Sie, ich hab’ Angst. Angst, dass die Rechtsextremen noch stärker werden.“ Mir blieb nicht viel mehr, als zu sagen: „Ich auch.“
Am Sonntag dann erreichte eine in weiten Teilen rechtsextreme Partei eine völkisch-nationalistische Partei, die die Menschenwürde nicht achtet, die unseren Staat verachtetet und die keine Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit hat, über 20 Prozent der Stimmen. Das muss allen Demokratinnen und Demokraten Angst machen. Aber es darf uns nicht still werden lassen.
Und wenn Sie jetzt fragen: Was hat das denn jetzt mit uns in Schorndorf zu tun? Viel! Nicht nur, dass auch in unserem Gemeinderat Vertreter*innen dieser Partei sitzen. Sondern, dass wir hier alle zusammen aufgerufen sind, uns gegen Hass und Hetze zu stellen. Und vielmehr noch: Für unsere Ideen zu kämpfen und dafür, wie wir uns ein Zusammenleben in unserer Stadt und in unserem Land vorstellen und wie wir mit den großen Herausforderungen der Zeit umgehen.

Schorndorf - der Ort in dem es sich zu leben lohnt

Was macht einen Ort zu einem lebenswerten Lebensraum? Einem Platz, an dem man den Zusammenhalt spüren kann?
Seit Juli bin ich Neumitglied des Gemeinderats in Schorndorf und sitze stolz und voller Demut in der Fraktion der SPD. Sehr viele Entscheidungen müssen getroffen werden. Hierbei ist die konstruktive Auseinandersetzung innerhalb der eigenen Fraktion und anschließend in den Ausschüssen und im gesamten Gemeinderat unabdingbar wichtig und zielführend. Ich bin sehr hoffnungsvoll, dass wir Gemeinderatsmitglieder gute und zukunftsweisende Entscheidungen treffen werden, denn auch der interfraktionelle Austausch funktioniert. Wenn sich unterschiedliche Meinungen wertschätzend zusammentragen lassen, ermöglicht das ein sehr lebenswertes und zukunftsorientiertes Schorndorf. Für mich, wie für die anderen Gemeinderatsmitglieder sollte das Gemeinwohl und Schorndorf an erster Stelle stehen. Dies kann aufgrund der vielen Personen, die unterschiedliche Vorstellungen dazu haben auch manchmal bedeuten, dass man mit Entscheidungen leben muss, die man persönlich anders getroffen hätte. Aber auch das ist Demokratie. Ich kann aus jahrzehntelanger, eigener Erfahrung sagen, dass Schorndorf extrem lebens- und liebenswert ist und stelle nun fest, wie viel dafür im Hintergrund unternommen wird, damit es so sein kann.

"Das wird eine schwierige Amtsperiode."

Diesen Satz hörte ich von Freunden und Bekannten, nachdem ich in den Gemeinderat gewählt wurde. Zunächst freue ich mich jedoch sehr darüber, dass mir viele Schorndorferinnen und Schorndorfer ihr Vertrauen geschenkt haben und mir die Möglichkeit geben, aktiv Einfluss auf die Zukunft unserer Stadt zu nehmen. Gleichzeitig empfinde ich, wie bei jeder verantwortungsvollen Aufgabe, großen Respekt und Demut gegenüber den vielfältigen Anforderungen, die das Amt als Stadtrat mit sich bringt.
Ich schreibe diesen Beitrag, weil ich davon überzeugt bin, meinen Teil zu einem erfolgreichen Schorndorf beitragen zu können. Die Ausgangslage ist nicht rosig – die Kassen der Stadt sind nahezu leer, und das Hochwasser im Juni hat die Situation weiter verschärft. Dennoch ist es entscheidend, wichtige Weichenstellungen für die Zukunft vorzunehmen.
Die klimatischen Herausforderungen werden sich weiter zuspitzen. Daher brauchen wir Maßnahmen, um die Erwärmung der Stadt und der Teilorte zu begrenzen, genauso wie Vorkehrungen gegen Starkregenereignisse. Hierzu zählen Verschattungen, Begrünungen sowie Ausweich- und Abflussflächen für Wasser. Auch das Zusammenleben und der Zusammenhalt in unserer Stadtgesellschaft stehen auf dem Prüfstand, da vielfältige, schnelle und oft schwer überprüfbare Informationsströme zu Verunsicherung führen. Kinder und Jugendliche haben es zudem zunehmend schwerer, sich zu orientieren und ihren Platz zu finden.

IBAN: DE61 6025 0010 0005 0046 47

BIC: SOLADES1WBN

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